raum und text teilen: wORTwechsel

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Evelyn Schalk ◄

Räume öffnen, Barrieren abbauen, Menschen miteinander ins Gespräch, in Berührung bringen. Text und Stadt neu denken und schreiben. Das sind nicht nur postpandemische Ansinnen, vielmehr ist ihre Umsetzung schlicht notwendig, ihre Dringlichkeit wurde durch Corona weiter verstärkt. Denn die Distanzen sind noch größer geworden – die sozialen, die politischen, die gesellschaftlichen, die persönlichen. Genau hier setzt das Projekt wORTwechsel­ an, setzt sich aus und zusammen, mit und unter den aktuellen Bedingungen und Verhältnissen.

Die gesellschaftlichen Barrieren, die die Teilhabe am institutionellen kulturellen Geschehen für viele Menschen verhindern, bestehen nach wie vor, sie wurden sogar weiter verschärft.

Für den ausreißer ist die Präsenz, das Agieren im öffentlichen Stadtraum integraler Bestandteil seines Publikationskonzepts als Non-Profit-Medium, als Community-Plattform, als urbane Wandzeitung. Die Bedeutung von egalitär nutzbarem öffentlichem Raum bzw. dessen Fehlen ist in diesem Jahr deutlicher als je zuvor sichtbar geworden.

Das Literaturhaus Graz wiederum wollte von institutioneller Seite aus Raum aufmachen – so ist diese Kooperation im Rahmen des Grazer Kulturjahr 2020 entstanden. Literatur, Text, Schreiben, raus in die Stadt, an Orte, die selten auf literarischen Landkarten auftauchen. Das war und ist die Idee von wORTwechsel.

Dieser wiederum bedeutet für uns nicht ein einmaliges Auftauchen und wieder Verschwinden, sondern Aufbau dauerhafter Kontakte, anhaltenden Austausch und nachwirkende Kommunikation, die wechselseitig Türen und Buchdeckel öffnet.

Zu Kooperationspartner*innen sind dabei das Arbeitsmarktservice (AMS) Graz Nord (über.arbeiten), die Justizanstalt Graz-Karlau (zwischen.zeilen), Geschäfte und Läden im Griesviertel (wasch.gang) sowie in der Triestersiedlung das Stadtteilbüro Triester (stadt.teilen) geworden. Sie haben es Autor*innen ermöglicht, vor Ort zu recherchieren, Menschen zu treffen, Gespräche zu führen, Eindrücke zu sammeln, die schließlich zur Ausgangsbasis von Texten wurden. Die wiederum geben Lesenden die Chance, Zugänge zu finden, Erfahrungen zu teilen und eigene zu machen, neugierig zu werden und bestenfalls vorgefertigte Positionen zu hinterfragen.

Sämtliche Veranstaltungen waren jeweils vor Ort geplant, dafür mussten pandemiebedingt mitunter andere Lösungen gefunden werden. Klar ist, nichts kann den persönlichen Kontakt, die unmittelbare Präsenz ersetzen. Doch Text und Stadt sind untrennbar miteinander verknüpft, verwoben, an- und ineinander verschrieben und verändern sich daher auch gegenseitig. Immer und immer wieder.

Also, Wechselseitigkeit und Zugänglichkeit. Gast sein und Gastgeber*in. Zum drauf.schauen schließlich laden wir alle Beteiligten ins Literaturhaus ein. Alle, die trotz mitunter schwieriger – pandemischer, öffentlicher, persönlicher – Umstände weitergemacht haben. Mit dem Öffnen und Reden. Der Neugierde und dem Zuhören. Dem spontanen Dazukommen und dem kurzen oder langen Bleiben. Dem Lesen und Nachdenken und Schreiben und Kommunizieren. Dem Mut, auch die eigenen Grenzen zu überschreiten. Im Gespräch, in der Stadt, im literarischen Text. Wir alle brauchen noch viel mehr von diesem Mut. Immer und immer wieder.

Hier präsentieren wir auch diese ausreißer-Ausgabe zum wORTwechsel. Darin sind Auszüge aus Texten, die im Rahmen des Projekts entstanden sind, publiziert, plakatiert an den ausreißer-Standorten der Stadt. In den kostenlos aufliegenden bzw. erhältlichen Faltausgaben sind umfassendere Ausschnitte und zahlreiche Fotos aus nunmehr eineinhalb Jahren wORTwechsel veröffentlicht, auf unserer Homepage schließlich sind sämtliche in diesem Kontext entstandenen Texte, Bilder und Videos frei zugänglich. Zum Nachlesen und Fortschreiben, für weitere wORTwechsel – utopisch, realistisch, lustvoll, notwendig.


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